Die schönste Kirche der Welt

Veröffentlicht am 24. Februar 2023 um 21:41

Liebes Tagebuch, liebe Leute!

Zeit, um den Rest meiner Reise zu verewigen- der letzte Versuch wieder ins Schreiben zu kommen hat ja nur mäßig gut funktioniert. Sorry dafür. Mit Fotos, Notizen, welche ich an genau diesen Tagen niedergeschrieben habe, und bleibenden Erinnerungen fühle ich mich nun bereit den Endspurt anzutreten!

Am Sonntag, den 30. Oktober, verließ ich Cali. Ein Freund begleitete mich noch zum Busbahnhof und trug mir mein Gepäck ins obere Stockwerk. Um 21 Uhr ging es dann weiter für mich und ich fuhr gut 10 Stunden mittels Nachtbus nach Ipiales. Drogenkontrolle durch die Polizei im Bus inklusive.

Ipiales ist jene Stadt, welche Ecuador am nächsten liegt und so ist man binnen weniger Minuten über der Grenze. Bevor ich jedoch mein nächstes Land in Angriff nehmen würde, stand noch ein ganz besonderes Sightseeing Highlight auf meiner To-Do Liste: Die Kirche Las Lajas. Die Bilder im Internet sahen einfach atemberaubend aus und wenn ich schon in der Nähe bin, mach ich auch einen kurzen Abstecher dorthin. 

Mein Internetguthaben war aus und für den einen Tag wollte ich nicht unnötig viel bezahlen. Also nutzte ich am Busbahnhof das letzte Mal das (unglaublich schlechte) WLAN. Bevor ich mich mit Sack und Pack auf Taxisuche machte - Uber gab es hier in der Umgebung leider nicht - erkundigte ich mich auch noch gleich über die Weiterreise ins Nachbarland. Per Bus hatte ich bisher keine Landesgrenze überquert und ich wollte gleich vorab Infos über Wie Wo und Wann haben, um in Ruhe die Kirche besuchen zu können. Eine Dame gab mir gleich einige nette, verwirrende und (im Nachhinein besserwissend) FALSCHE Informationen. Aber gut, das kommt dann im nächsten Bericht auf euch zu! 😅

Ich nutzte das Klo am Busbahnhof, um mir die Zähne zu putzen, die Haare zu kämmen und meine Katzenwäsche zu erledigen und ging die Stufen aufwärts nach draußen. Binnen Sekunden fing mich schon ein Typ ab. "Wohin soll's geh'n?", fragte er und bot mir ein Angebot an, das ich nicht abschlagen konnte. 5 Pesos, also gut einen Euro, für eine Taxifahrt in den nächsten Ort? Schien mir günstig zu sein und so fragte ich nochmal nach. Er bejahte erneut und lud sogleich mein Gepäck in den Kofferraum. Deal. Der Mann führte mit mir ein nettes Gespräch über meine Reise und über meine und seine Familie, ließ mich auch kurz bei einem berühmten Ausblickpunkt der Umgebung aussteigen und brachte mich in das Dörfchen nahe der Kirche. Überraschung 1: Anscheinend musste ich noch ein ordentliches Stück zu Fuß gehen, von dem im Internet nichts stand, denn ab hier durften keine Autos mehr fahren. Überraschung 2: Ich wurde das erste Mal bei einer Autofahrt beschissen. "5 Pesos? Nein, nein, nein. 5 Dollar!", meinte er gespielt erstaunt, als ich ihm das Geld geben wollte. Natürlich du Halunke, das wäre das 5fache vom abgemachten Preis und ich lass mich nicht gern über den Tisch ziehen. Sofort sah ich, wie sich seine Miene von superfreundlich in bedrohlich änderte und er meinte, wenn ich ihm nicht das ihm zustehende Geld geben würde, würde er mir meinen Rucksack nicht geben und die Polizei müsse das klären. Pah, so ein Ar***Loch. Da ich aber einfach überhaupt keinen Bock hatte hier wegen fünf Euro in Scherereien zu geraten, gab ich ihm einfach das Geld und gut war's. Das kratzte etwas an meinem Ego, denn normalerweise lasse ich mir von solchen Schmarotzern nichts gefallen, aaaaber egal.

Ich ging in der Affenhitze durch den Ort und stellte erstaunt fest, dass fast jeder Laden noch geschlossen hatte und so gut wie keine Leute auf den Straßen unterwegs waren. Zwei Polizisten traf ich, die Wache hielten, mehr schon nicht mehr. Dass die Kirche in einem Graben liegt, hatte ich gelesen. Dass dich das Taxi aber am ganz oberen Rand des Grabens rauslässt und du mittels Stufen ganz nach unten laufen musst, wurde mir verschwiegen. Na gut, runter ging ja noch und ich hopste von Stufe zu Stufe und wurde mit einem unglaublichen Anblick belohnt: Da war sie, eine Kirche, wie aus einem Märchenbuch! Weiß, im gotischen Stil und vor nichtmal 100 Jahren gebaut, inklusive Brücke vor dem Haupttor, welche über den Fluss führte. Nicht umsonst wird sie auch "Die schönste Kirche der Welt" genannt und ich hatte bis dahin auch wirklich keine schönere gesehen.

Ich schoss zig Fotos, betrat auch das Innere der Kirche und setzte mich dort kurz auf einer Kirchenbank nieder, um mich auszuruhen. Verdammt war es heiß - und der Rucksack machte all das nicht gerade besser. Leider wurde der Innenraum gerade restauriert und so konnte ich nur ein Seitenschiff der Basilika betreten, doch alles war besser als nichts. Wunderschön! 

Und dann stellte ich mich wacker meinem Martyrium: Mit gut 17 kg Gepäck, zu warmen Busfahrklamotten und der stechenden Sonne am Himmel kämpfte ich mich Schritt für Schritt, Stufe für Stufe nach oben, um die Schlucht wieder zu verlassen. Uaaaah, das war anstrengend. Inzwischen waren auch schon andere Besucher angekommen und warfen mir auf deren Weg nach unten einen mitleidigen Blick zu. "Viel Gepäck, hm? ", sagte einer zu mir. Ach wirklich? Gut, du hast anscheinend Augen im Kopf, gratuliere. Meine Laune war grad ziemlich im Eimer. Mehrmals musste ich einen Stopp machen und den Rucksack komplett ablegen, weil ich kein Stück mehr weiter konnte. Ich überlegte auch kurz, ob ich jemanden bezahlen sollte, um mir den Rucksack nach oben zu schleppen - die Gelegenheit bot sich mir aber nicht. Ich kämpfte mich also den ganzen Weh nach oben, war schweißgebadet und beschloss mich nun in irgend ein Café oder Restaurant hineinzusetzen. Ausruhen, trinken, essen - ich war inzwischen schon unglaublich hungrig, meine letzte Mahlzeit war schon ewig her. Doch es gab NICHTS, im ganzen Ort nicht. Also kaufte ich mir an einem kleinen Stand einer alten Dame in Plastik verpackte selbstgebackene Kekse und eine große Flasche Wasser. Direkt vor ihrem Stand setzte ich mich im Schatten auf die dreckige Straße- war mir inzwischen egal- nur um festzustellen, dass die Kekse steinhart und total ungenießbar waren. Puuuh, half meiner Laune jetzt auch nicht gerade weiter.

Ich fand einen Typen, der sein Auto als Sammeltaxi anbot und wenn ich ca. eine Stunde warten würde, könnte er es mit anderen Leuten füllen und ich könnte 3 Euro sparen. Gut, machen wir eben so und ich setzte mich gleich mal auf den Beifahrersitz, um kurz dahinzudösen. Dass dies im Vergleich zur restlichen Weiterreise erst ein kleiner Vorgeschmack an Anstrengung war, sollte ich schon bald erfahren. Von meiner absolut schrägen und verrückten Einreise nach Ecuador lest ihr somit morgen.😄

Liebe Grüße, eure Babsi!

(Nachtrag für Montag, den 31. Oktober) 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.