
Liebes Tagebuch, liebe Leute!
Das war eine ganz schräge Nacht, geweckt wurde ich nämlich von einem Baby, das auf meinem Dach weinte. Okay naja, es hörte sich zunächst definitiv danach an. Im Endeffekt war es dann doch wohl eher ein Vogel, der lautstark auf den Blechdächern hier herumhüpfte und seine besten Babylaute von sich gab. Schade, dass ich hier keine Videos abspielen kann, das hörte sich einfach so verrückt echt an und raubte mir Stunden meines Schlafes.
Nach dem Frühstück schaute ich mir noch ein x-tes Mal die Souvenierstände hier in der Halle an und dann stiegen wir auch schon wieder ins Motorboor. Mit dabei war dieses mal die Hündin des Hauses. Sie sprang einfach mit rein und ging auch in San Antonio mit von Bord. San Antonio befindet sich auf der anderen Seite des Amazonas und somit in Perú. Wie bereits erwähnt fungiert der Amazonas hier als Landesgrenze. Reisepass brauchte ich allerdings keinen. 😉
Schon nach den ersten Metern Fußweg verabschiedete sich die Hündin von uns und ging mit fremden Leuten weiter. "Die findet schon wieder zurück zum Boot", wurde mir gesagt, als ich ihr etwas besorgt nachschaute. Abwarten haha.
Mehrere Stunden sollte unsere Wanderung durch Dorf und Regenwald dauern. Unser Guide vor Ort hatte seine Machete dabei und nutzte jede Möglichkeit, um uns sein Wissen über Flora und Fauna weiterzugeben. Frösche, Vögel, Insekten, Faultier etc. wurden genau unter die Lupe genommen und manch eine Pflanze durften wir sogar kosten. Da war z.B. ein Baum, dessen Äste man leicht abtrennen, die Rinde entfernen und den Rest dann wie Gemüsesticks essen konnte - gar nicht schlecht!
Eine ganz bestimmte Baumart wird von den Einheimischen des Stammes benutzt, um zu kommunizieren. Handys besitzt hier kaum einer, Signal gibt es ohnehin so gut wie keins, und manchmal kommt es sogar bei Leuten, welche die Umgebung kennen, vor, dass sie sich im Urwald verirren. Wenn die Dunkelheit sie überrascht z. B. und keine Lampe eingepackt wurde. Dann wird mit der Machete, oder einem anderen harten Gegenstand, fest gegen den Stamm dieses Baumes geschlagen und der dumpfe Klang ist über Kilometer zu hören! Ein Suchtrupp macht sich anschließend mit Lampen auf den Weg und folgt dem Geräusch, bis die Person gefunden wurde. Auch unser Guide nutzte genau diese Technik vor einigen Jahren: Er ging auf Entdeckungstour in einen der unbekannten Teile des Waldes und entdeckte dabei den atemberaubenden Riesenbaum, welchen ihr auf den Fotos bestaunen könnt. Zwar habe ich schon Urwaldriesen in verschiedenen Ländern der Welt gesehen, doch dieser hatte mit Abstand das schönste Wurzelwerk, soviel ist klar! Es machte richtig Spaß auf die glitschigen Wurzeln zu klettern, um für ein Foto posieren zu können. Doch zurück zu der Geschichte. Als er den Baum entdeckte merkte er erst, dass er die Zeit vergessen hatte und holte sich mit eben dieser Klopftechnik Hilfe. Seitdem wird der Baum regelmäßig von Touristen besucht und bestaunt.
An einem anderen Baum führte er uns vor, wie man an einer riesen Liane schwingen kann und wer Lust hatte, durfte es ebenfalls ausprobieren!
Spannend auch mein Kloabenteuer, als der Guide mit mir einen passenden Ort im Gebüsch suchte, wo er gerade kein giftiges Tier entdecken konnte. "Pass auf und beeil dich!", meinte er zu mir und ließ mich dann alleine im Nirgendwo zurück, damit ich ungestört mein Geschäft verrichten konnte. Nach der Klogeschichte meines australischen Tourguides, wo ihr eine giftige Schlange während des Verrichtens der Notdurft in den Allerwertesten gebissen hatte, hatte ich Respekt vor dem Gebüsch und beeilte mich dieses Mal besonders. 😅 Alles muss man anderen ja nicht nachmachen.
Es gab hier noch so einige Schätze zu entdecken. Die großen weißen Seerosen z. B., welche den halben Fluss bedeckten, Faultiere, die sich unglaublich gut tarnen konnten und Pfade, die von allen Seiten mit riesen Dschungelpflanzen umwuchert wurden. Wie im Märchenwald hier, so schön!
Zurück im Dorf schlenderten wir über eine große Rasenfläche, welche früher von Pablo Escobars Leuten als Landeplatz genutzt wurde, um massenhaft Drogen auszufliegen. Das Drogengeschäft boombte auch hier im Dschungel. Heute findet man vor Ort nur mehr ein paar Fußballtore vor.
Mit Hilfe einer Leiter fischten wir uns Kokosnüsse von den Palmen, welche uns dann netterweise geöffnet wurden. Das wuchs zugegebenermaßen auf meinem Mist - ich hatte schon zu lange keine Kokosnuss mehr getrunken und konnte dem Anblick nicht wiederstehen. Und ja: Fragen hilft und so tranken die meisten von uns eine ganze Kokosnuss leer. Die hatten wir uns nach der Wanderung aber auch verdient!
Während unserer Trinkpause spazierte auch ein Capybara vorbei - es ist hier so was wie ein Dorfmaskottchen und darf in Frieden seine Lebenstage im Dorf verbringen. (In meinem Stamm würde es ratz fatz am Teller landen haha. 😅)
Bevor wir abreisten kam mir ganz plötzlich etwas in den Sinn: "Wo ist der Hund?" "Ach, der ist schon bei anderen Leuten vorhin ins Boot gestiegen und mit ihnen mitgefahren", erzählte mir ein Mann ganz entspannt. Angeblich würden hier alle drauf vertrauen, dass er früher oder später ein Boot erwischt, das genau an unserem Hafen im Dorf halten würde. Aha, ein Hundetaxisystem also, nicht schlecht.
Dank meines Moskitosprays hatte mich an diesem Tag tatsächlich keine einzige Gelse gestochen - trotz kurzer Hose! Falls ihr mal in die Tropen reisen solltet berücksichtigt folgenden Ratschlag: Kauft euch Spray mit 50 % Deet Anteil im Internet und verzichtet auf Antibrumm, welches euch in der Apotheke angedreht wird. Das wirkt vielleicht bei den Gelsen bei uns zu Hause, aber nicht bei den Viechern, die hier so herumsurren - das durfte ich schon in Costa Rica damals kläglich feststellen. Meine beiden Favoriten sind die hier: *
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Die halten was sie versprechen, auch wenn der Preis nicht ganz günstig ist. :)
Zurück in der Unterkunft wartete noch eine ganz besondere Überraschung auf uns: Heute würden wir in den Amazonas schwimmen gehen! Das Boot fuhr uns auf die gegenüberliegende Seite des Flusses, da es hier eine Art Sandstrand gab, und wir stürzten uns in die Fluten. Dreckig war das Wasser wie kein anderes, in welchem ich zuvor gebadet hatte, aber dafür war es auch ganz besonders angenehm warm. Keine Sorge: Krokodile halten sich viel lieber in einem der unzähligen Seen hier auf und Piranhas findet man erst wieder ein Stück flussaufwärts. Auch irgendwie cool, wenn man von sich selbst behaupten kann, dass man im Amazonas seine Runden gedreht hat. 😅
Nach einer kalten Dusche beschlossen Pedro und ich uns im Supermarkt eine Wassermelone zu kaufen. Sie wurde uns auch direkt dort aufgeschnitten und wir konnten sie vor Ort essen. Bill kam auch dazu und meinte nur, es wäre eine Schande, dass man hier abends nichts mehr unternehmen kann. "Hier gibt's kan Ort, wo ma gemütlich a Bier trinken kann, ka Disco und nix. Also wenn ich hier leben müsste, hätt ich mich mit 15 erhängt", sumperte er griesgrämig wie gewohnt herum. Ja so ist er der Bill, aber wenn man ihn kennengelernt hat weiß man, dass er eigentlich ein ganz Lieber ist (ich muss meine Österreicher ja schließlich verteidigen, soviele gibt es von uns hier nicht!) 😉
Wie jeden Abend spazierten wir im Finsteren auch wieder den großen Steg entlang, um nach Sternen Ausschau zu halten, doch auf die sternenklare erste Nacht hier folgten nur mehr bewölkte. Dafür konnten wir die Delfine hören, die im Fluss spielten.
Ich machte dann den Fehler und legte mich mit meinen Sudoku ins Bett, um aufs Essen zu warten. Ratet mal wer eingeschlafen ist und die ganze Gaudi verpasst hat. Um 21.15 Uhr stieg ich die Treppen zum Essensbereich runter und musste feststellen, dass alle bereits in ihre Zimmer ausgeflogen waren. Nur Lilly, ein Mädchen aus den USA, welches nach einer Dschungeltour beschloss noch zwei weitere Wochen hier im Stamm zu bleiben, saß mit einem einheimischen Jungen an einem Tisch. Sie gab ihm täglich Englisch Unterricht und ich beschloss mich einfach dazuzusetzen. Vielleicht würde sich ja jemand erbarmen und mir noch etwas Essbares bringen?
Als die beiden gerade an den Vokabeln der Körperteile arbeiteten, stimmte ich fröhlich das Lied "Head and Shoulders" an. Ganz die Kindergartenpädagogin. Es endete damit, dass wir zu dritt im Stehen immer und immer schneller das Lied tanzten und sangen, bis tatsächlich jemand mit einem vollen Teller Essen aus der Küche kam. Wie nett, sie hatten mir meine Mahlzeit aufbehalten!
Mit vollem Magen ging also auch Tag 3 hier im Stamm zu Ende. Mal sehen, was es morgen noch so gibt!
Grüße, eure Babsi!
(Nachtrag für Donnerstag, den 20. Oktober)
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